Aktuelle Spannung zwischen Community und Travianer-Team
Wie wichtig, aber auch wie schwierig der Umgang mit der eigenen Community ist, kann man momentan beim beliebten Browsergame „Travianer“ beobachten. Durch eine Personal-Änderung im Support-Team begehrt die Community auf und der Spiel-Betreiber greift rigoros durch.
Ausgerechnet die kritische Masse der Spieler ist das Kapital der Browsergame-Betreiber: Fluch oder Segen?
Während klassische Offline-Spieleentwickler und Publisher mit den Käufern der Spiele eher sporadisch in Kontakt kommen, sieht es bei Online-Spielen genau anders herum aus. Zugegeben, ein Support-Forum gehört auch bei Offline-Spielen inzwischen zum guten Ton, einen solch nahen Kontakt zu den eigenen Spielern haben aber wohl dennoch nur die Browsergame-Betreiber und Verantwortlichen. Schließlich ist man ja „on-line“ und eine gute Verbindung zu der Community ist unerlässlich für den Erfolg des Spieles. Und nicht nur der Erfolg hängt von den Spielern ab, sondern letztendlich auch die Finanzierung und der erstrebte Gewinn. Die Einnahme-Modelle der Browsergames bringen es mit sich, dass der Betreiber von treuen, zahlenden und somit zufriedenen Spielern abhängig ist.
Bei Kritik muss demnach schnell reagiert werden, auf welche Weise diese Reaktion geschieht, entscheidet über Erfolg und Misserfolg zur Beruhigung der Lage. Bei kleinen Game-Änderungen und Balacing-Ausbesserungen ist dies auch meist kein Problem, bei Personal-Entscheidungen hingegen kann die Stimmung schnell kippen. Durch die enge Bindung mit den Verantwortlichen der Spiele sind Emotionen bei einer Auseinandersetzung zwischen den beiden Seiten nicht verwunderlich. Emotionen sind aber nicht kontrollierbar und schwappen leicht auf andere, noch nicht involvierte Personen über. An dieser Stelle wird der Segen des Internets zum Fluch für die Verantwortlichen.
Das Internet, die Grundsubstanz jedes Browsergames, bietet genügend Kommunikatioskanäle zwischen den einzelnen Spielern. Diese tauschen sich dort nicht nur aus, sondern schließen sich z.B. in Clans und darüber hinaus in Allianzen zusammen. Eine solche Solidarisierung der Spieler macht sie nicht nur im eigentlichen Browserspiel stark, sondern stärkt auch ihre Position gegenüber den Anbietern und Betreibern der Spiele. Dies muss allerdings gar nicht schlecht sein, denn engagierte Spieler machen die Spiele meist erst richtig lebendig und sind das sprichwörtliche Salz in der Suppe. Die hohe Identifikation der Spieler mit dem Spiel kann aber auch zum Problem werden, nämlich dann, wenn diese Gruppe von Spielern verärgert ist. Im spiel-eigenen Forum haben die Betreiber nun ihre Moderatoren die eben jene enge Beziehung zu den Spielern haben, die so wichtig ist. Mit Menschenkenntnis, Feingefühl und ihrem guten Kontakt zu den Spielern, können auch solche kritischen Situationen entschärft werden. Was aber, wenn selbst diese Moderatoren sich der aufgebrachten Menge der Spieler anschließt?
Ein aktuelles Beispiel für solch eine Dynamik, liefert das Eingangs erwähnte Browserspiel Travianer…
Der Fall Travianer
Auslöser der Unruhen war die Trennung zwischen den Betreibern des Spieles „Travian Games“ und einem langjährigen Mitglied des ehrenamtlichen „Travianer“-Support Teams. Nach Angaben des Betreibers wurde die Zusammenarbeit „aufgrund von inhaltlichen Unstimmigkeiten beendet.“ Welche Gründe auch dahinter stecken (angeblich war die Kritik an der Kompetenz der neuen Administratorin schuld daran), die Konsequenz war eine Solidarisierung von weiteren ehrenamtlichen Helfern mit diesem langjährigen Mitglied, was zu weiteren „Kündigungen“ im Team führte. Nun sind team-interne Zwiste eigentlich keine Seltenheit und auch kein Problem, solange diese intern diskutiert werden. In diesem Fall wurden die Uneinigkeiten zwischen dem Support-Team und dem Betreiber des Spiels aber zusätzlich auch öffentlich in der Community diskutiert. Dies wurde erst Recht zum Super-GAU, als sich auch noch einige Spieler hinter den „meuternden“ Team-Mitglieder stellten.
Das in diesem Stadium der Auseinandersetzung der direkte Machtvergleich zwischen den beiden Seiten naheliegt, dürfte klar sein. So führten auch diese Uneinigkeiten zu einer Eskalation, bei der sich beide Seiten wohl gleichermaßen die Schuld geben dürfen. Von beiden Seiten wird bekräftigt, dass man im Recht sei, die Wahrheit liegt wohl bekanntermaßen dazwischen.
Fakt ist, Spieler beschweren sich nun, dass im Travianer-Forum unschöne Dinge abgelaufen seien. Die Rede ist von Beleidigung von Seiten des übriggebliebenen Support-Teams gegenüber den Spielern, unrechtmäßigen Sperrungen, selbst konstruktive Kritik soll im Keim erstickt worden sein. Wie groß das Ausmaß der „Aufräum-Aktion“ war, zeigt, dass laut einem betroffenen Spieler ca. 150 Spieler eine Forumssperre erhalten haben. Die Gründe der Sperrungen sind dabei fast so vielfältig wie die gesperrten User. Von „Diskriminierung von Frauen“, über „Hilfssherriff“, bis hin zu „Viel Spaß in deiner Pause“ führt der entsprechende User als Grund für eine Sperre auf.
Die Verantwortlichen des Spiels hingegen verweisen auf eine Hetzkampagne gegen „andere, namentlich genannte Mitarbeiter“, die durch „intensiven Verbindungen der betroffenen Support-Mitarbeiter zur Spieler-Community“ losgetreten wurde. Alle durchgeführten Schritte seien nötig gewesen, um die „Community zu beruhigen und wieder zum Regelbetrieb zurückkehren zu können.“ Allerdings bekräftigt man auch:
„Zu keiner Zeit wurden Spieler willkürlich gesperrt, diffamiert oder durch Mitarbeiter von Travian Games beleidigt.“
und
„Wir möchten freundlich darauf hinweisen, dass alle getroffenen Maßnahmen nachweislich und vollumfänglich gerechtfertigt waren.“
Letztendlich gipfelten die Maßnahmen sogar darin, dass das komplette Forum kurzfristig abgeschaltet wurde. Aktuell ist es wieder offen, ein weiteres Statement zu den Vorfällen wird es laut der Administratorin Lisa, die auch im Zentrum der Proteste stand, nicht mehr geben.
Neutral betrachtet, scheinen beide Seiten über die Stränge geschlagen zu haben. Das Forum scheint zugespammt worden zu sein, die Moderatoren haben gelöscht, wahrscheinlich auch zu viel. Dies ärgerte weiteren User, die nun auch die Beherrschung verloren. Der Kreis schloss sich. Das bei all dem Trubel auch die Moderatoren, die besonders unter Stress standen, auch Fehler begangen haben könnten, ist vorstellbar. In diesem Fall sollte man aber auch dazu stehen, das Totschweigen macht die Situation noch schlimmer.
Im Grunde müssten sich die beiden zerstrittenen Parteien noch einmal treffen und das ohne Emotionen. Danach sieht es aber momentan nicht aus, wie auch aus dem Travianer-Team im eigenen Forum mitgeteilt wurde. Die Forderung der Spieler, das alte Team plus einen neuen Administrator wieder einzusetzen, wird klar abgelehnt. Es ist fraglich, ob sich Travianer bei der ohnehin nicht zu verschweigende Konkurrenz von anderen Browsergames damit einen Gefallen tut. Um eine Erfahrung ist man auf jeden Fall reicher.
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